FDP Worms
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FDP-Fraktion befürchtet Eingriffe in kommunale Entscheidungsfreiheit

Die FDP-Fraktion hatte sich bei der Beschlussfassung über die Teil­nahme der Stadt Worms am Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) enthalten, da man nicht ohne Grund zu starke Eingriffe seitens des Landes (ADD) in die kommunale Entscheidungsfreiheit/ -findung bei der Haushaltsaufstellung vermutete.

Nach der Beschlussfassung aus dem Vorjahr muss es nun aber auch für uns Liberale Ziel sein, am Entschuldungsfonds teilzunehmen, um die in der letzten Dekade exorbitant angewachsene Schuldenlast, wenigstens zum Teil zu tilgen.

Nach Auffassung der FDP-Fraktion und des FDP-Kreisverbandes Worms kann ein glaubwürdiges Zurückführen der Schuldenlast langfris­tig nur erfolgreich sein, wenn dies durch Kürzungen auf der Ausgaben­seite erfolgt. Auch sind in diesem Zusammenhang, die bei der Stadt anhängigen Aufgaben in ihrer derzeitigen Bandbreite zu hinterfragen.

Im der ADD vorgelegten Maßnahmenkatalog der Stadt Worms zum Abschluss eines Konsolidierungsvertrages herrscht ein absolutes Ungleichgewicht zwischen dem Beitrag der durch Erlössteigerungen (3.470.000,– €), und dem Beitrag der durch Reduzierung des Aufwandes erbracht wird (1.077.000,– €). Dies dann auch noch zusammenfassend als „Gesamtsumme Einsparpotenzial“ in Höhe von 4.547.000 € zu bezeichnen, ist in unseren Augen ein völlig falscher Begriff, da echte Einsparungen kaum vorgeschlagen werden.

Der Beitrag der Stadt am KEF wird zu mehr als 75 % durch Steigerun­gen bei den Einnahmen und hier vor allem durch Steuererhöhungen erbracht. So kann nach Auffassung der FDP-Stadtratsfraktion ein glaubwürdiger Einstieg in die Schuldenreduktion nicht aussehen.

Ein echter Einstieg in die Schuldenreduzierung kann nur durch Einsparungen auf der Ausgabenseite möglichst gleichmäßig über alle Bereiche erfolgen.

Aus unserer Sicht zukunftsweisender ist hier der Weg, den bspw. die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP in der Landeshauptstadt Mainz beschreiten. Hier halten sich Ausgabenreduzierungen i. H. v. 5,9 Mio. € zu Beginn, die sich während der Laufzeit auf 7,1 Mio. € steigern, und Einnahmensteigerungen aus Steuern und Gebühren von rund 5 Mio. € jährlich in etwa die Waage.

Dies ist nach unserer Ansicht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einsparungen und Ausgabenerhöhungen, bei dem auch die Wormser FDP-Fraktion bereit wäre in Verhandlungen mit der den Haushalt tragenden Fraktionen einzutreten.

So finden in Mainz auf Grund des Einflusses der FDP keine Erhöhung der Gewerbe­steuer sowie der Grundsteuer A statt, was die Wormser Liberalen für ihre Zustimmung zum Maßnahmenkatalog zur Bedingung machen. Und zwar aus zweierlei Gründen:

  1. Aus ordnungspolitischen Gründen ist eine Erhöhung der Gewerbesteuer für jeden Wirtschaftsstandort kontraproduktiv, da hierdurch bestehende und potenzielle Unternehmen zu einem Verlagern ihres Gewerbes in die angrenzenden günstigeren Gemeinden gedrängt werden könnten bzw. werden. Gerade in der heutigen Zeit muss es Ziel einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik für Worms sein, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Hierfür steht die Wormser FDP wie keine andere Partei!
  2. Die Grundsteuer A betrifft einseitig einen Berufsstand in unserer Stadt, nämlich die Landwirtschaft und den Weinbau. Hier findet sogar eine Erhöhung des Hebesatzes von 270 % auf 305 % statt. Einnahmenzuwächse werden hier lediglich i. H. v. 30.000,– € generiert, wobei hauptsächlich flächenstarke Haupterwerbsbetriebe betroffen sein werden. Bei dieser Steuer übertrifft der Verwaltungsaufwand schon seit Jahren überhaupt die Einnahmenwirkung.

Durch Verzicht auf die Anhebung der Gewerbesteuerhebesatzes um 10 %-Punkte entstehen berechnete Mindereinnahmen i. H. v. rd. 600.000,– €.

Durch Verzicht auf die Anhebung des Hebesatzes bei der Grundsteuer A von 270 auf 305 % entsteht eine Mindereinnahme von 30.000,– €.

Weiterhin wird seitens der Wormser Liberalen die sog. „Kulturförderabgabe“ (Bettensteuer) strikt abgelehnt. Die Erhebung dieser Steuer ist eine einseitige Benachteiligung des Tourismusgewerbes in unserer Stadt. Was sich in den letzten 15 Jahren ohnedies in mühsamer Kleinarbeit erst entwickelt hat und gegenüber anderen Städten wie Speyer oder Mainz immer noch hinterher hinkt. Diese positive Entwicklung wäre dann jäh gebremst. Aber auch handfeste rechtliche Gründe sprechen gegen die Einführung einer Bettensteuer. So wurde vom Verwaltungsge­richt Bayern mit Urteil vom 30. Juni 2011 die Übernachtungssteuersatzung der Stadt München für nicht genehmigungsfähig gehalten. Vor diesem Hintergrund wurde von den Hotelbetreibern in Trier und Bingen, den beiden einzigen rheinland-pfälzischen Städten in denen eine Bettensteuer derzeit erhoben wird, Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz eingelegt. Laut Vorlage der Verwaltung zur Bettensteuer ist „mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes frühestens in ein bis zwei Jahren zu rechnen“ (Beschlussvorlage zu Top 61 der HuFA-Sitzung vom 16.11.2011).

Mindereinnahme durch Verzicht auf diese Steuer: 200.000,– €

Durch Verzicht auf die Anhebung der Hebesätze bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer A sowie eine Nichterhebung der Bettensteuer entstehen insgesamt Mindereinnahmen i. H. v. 830.000,– €. Hierdurch würde sich die „Gesamtsumme der Erlössteigerungen“ im Maßnahmenkatalog zur Teilnahme am KEF auf 2.640.000,– € reduzieren.

Diese Mindereinnahmen will die FDP-Fraktion durch Reduzierung auf der Aufwand­seite gegenfinanzieren, um analog zum Mainzer Modell zu einer ausgeglichenen Verteilung zwischen Erlössteigerungen und Ausgabenreduzierungen zu kommen.

Eine von der FDP seit dem Jahre 2005 geforderte Reduzierung bei den sog. „freiwilligen Aufgaben“ nach der Rasenmähermethode i. H. v. 10 % brächte allein 1.025.600.– €. Im Gegensatz hierzu wurde dieser Posten trotz der angespannten Haushaltslage der Stadt immer weiter erhöht. Von 7 Mio. € in 2010, über 9,1 Mio. € in 2011 auf 10,2 Mio. € im Haushaltsentwurf 2012. So hat sich allein der Posten „Kulturkoordination“ von 215.000,– € in 2010 auf 2,4 Mio. € mehr als verzehnfacht. Hier bestünde sicherlich noch mehr als 10 % Einsparpotenzial.

Eine einheitliche Einsparungsquote zwingt die einzelnen Bereiche tatsächlich zu einem aktiven und kreativen Suchen nach Einsparpotenzialen, während sonst die altbekannte „sparen gerne, aber bei uns nicht“ Mentalität der Verwaltung weiter kultiviert wird.

Auch Personalreduzierungen müssen einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Betriebsbedingte Kündigungen sind politisch nicht gewollt und werden auch von der FDP klar ausgeschlossen. Im Rahmen von späteren Wiederbesetzungen, von Fluktuation und dem Auslaufen von Stellen könnte jedoch ein signifikanter Beitrag im Rahmen des KEF eingespart werden. So sollte anstatt der schon seit 20 Jahren geltenden „Wiederbesetzungssperre von Stellen für 6 Monate“ diese auf wenigstens 9 Monate, wie in der Stadt Ludwigshafen, ausgedehnt werden. Dieser Vorschlag war im Übrigen auch in den ersten Unterlagen der im Rahmen der Lenkungsgruppe KEF diskutierten Vorschläge so enthalten gewesen und erst auf spätere Intervention des Personalrates herausgenommen worden.

Eine Erhöhung der Wiederbesetzungssperre auf 9 Monate erbrächte ein Einsparpotenzial i. H. v. 400.000,– €, das heißt eine Erhöhung des Einsparvolu­mens in diesem Bereich um netto 133.000,– €. Eine in anderen Kommunen beabsichtigte Wiederbesetzungssperre von bis zu 12 Monaten erbrächte entsprechend eine Verdopplung um 267.000,– €.

Entlastungen beim Personalaufwand könnten zusätzlich über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet durch Verlagerungen der Ortsverwaltungen Hochheim, Neuhausen und Pfiffligheim in das Rathaus erreicht werden. Aus diesen drei an die Innenstadt direkt angrenzenden Stadtteilen macht es keinen Umstand ins Rathaus zu fahren. Darüber hinaus sollten die Ortsverwaltungen in Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim zu einer gemeinsamen Ortsverwaltung „Eisbachtal“ sowie die Ortsverwaltungen in Rheindürkheim und Ibersheim zusammengelegt werden.

In Mainz werden zum Beispiel die Ortsverwaltungen Altstadt, Neustadt und Hartenberg-Münchfeld vollständig in das Bürgeramt verlagert, d. h. geschlossen.

Auch sollte im Bereich der Kultur- und Veranstaltungs-GmbH (KVG) nicht mehr der TVöD angewendet werden. Durch Einstufung in einen anderen Tarifvertrag könnten Kosten eingespart werden.

Wir als Liberale vertreten ganz entschieden die Auffassung, dass eine Verwal­tung, will diese Steuer- und Abgabenerhöhungen bei ihren Bürgern durchdrücken, zuerst einmal bei sich selber sparen muss! Aus diesem Grunde muss ein wesentlich höherer Sparbeitrag durch die Verwaltung als die veranschlagten 267.000,– € erbracht werden.

Des Weiteren sollten Einsparungen im Pflichtleistungsbereich Soziales analog zur Mainzer Übereinkunft geprüft werden. So muss eine strengere Bedarfsprüfung bei den Unterkunfts- und Heizkosten nach SGB II stattfinden.

Darüber hinaus sollten der wissenschaftliche Teil der Stadtbibliothek mit der FH-Bibliothek zusammengelegt werden. Hieraus ergeben sich über die Laufzeit des KEF Einsparpotenziale bei den Personalkosten.

Weiterhin kann die Stadt Worms bis zu 300.000,– € bei einem Rückzug der Stadt aus dem Betrieb des Paternusbades realisieren. Es gibt in mehreren Städten erfolg­reiche Beispiele wie Stadteilbäder durch privates Engagement und Ehrenamt ohne Einschränkungen der Qualität am Leben erhalten wurden und werden. Mit diesem Modell wurden sogar bereits geschlossene Anstalten wiederbelebt. Hier ist nach Auffassung der FDP-Fraktion in Worms zumindest eine ÖPP-Lösung analog zum Lincoln-Theater mit einer Begrenzung des städtischen Zuschusses auf 150.000,– € im Durchschnitt der ersten 5 Jahre zu prüfen. Hierdurch könnte ebenfalls eine beachtliche Reduktion auf der Ausgabenseite um 150.000,– € realisiert werden.

Alles in allem ergäbe sich durch Kürzung der „freiwilligen Aufgaben“ um 10 %, einer neunmonatigen Wiederbesetzungssperre von frei werdenden Stellen sowie einer ÖPP-Lösung für das Paternusbad ein Einsparpotenzial i. H. v. 1.308.600,– €. Die Schließung der drei innenstadtnahen Ortsverwaltungen bzw. die Zusammenlegung der oben genannten Ortsverwaltungen, die Anwendung eines anderen Tarifvertrages bei der KVG, die Zusammenlegung des wissenschaftlichen Teiles der Stadtbücherei mit der FH-Bibliothek sowie eine strengere Bedarfsprüfung bei den Unterkunfts- und Heizkosten nach SGB II sollte mittel- bis langfristig wenigstens Einsparungen in einem mittleren sechsstelligen Betrag erbringen.

Kurzfristig müsste zumindest ein Einsparvolumen von insgesamt ca. 2,5 Mio. € (1,4 Mio. € neu + 1,077 Mio. € bisheriger Entwurf) erzielbar sein. Wie oben schon angeführt würde bei einem Verzicht auf die Anhebung der Hebesätze bei der Grundsteuer A, der Gewerbesteuer sowie auf die Erhebung der Bettensteuer sich die „Gesamtsumme der Erlössteigerungen“ im Maßnahmenkatalog zur Teilnahme am KEF auf 2.640.000,– € reduzieren. Damit würde kurzfristig ein ausgewogenes Verhältnis zwischen steuerlichen Mehrbelastungen auf der einen und Einsparungen auf der anderen Seite erreicht. Immerhin würde aber selbst bei dieser konservativen Betrachtungsweise die Gesamtsumme „Einsparpotenzial“ sich auf gut 5,1 Mio. € erhöhen.

Sollten die den Haushalt tragenden Fraktionen von SPD und CDU bereit sein, sich diesen Forderungen der FDP-Fraktion anzuschließen, wären wir Liberale auch bereit die im Maßnahmenkatalog zum KEF vorgesehenen Erhöhungen bei der Grundsteuer B, bei den Parkgebühren sowie die Erhebung einer Schankerlaubnissteuer mitzutra­gen.

Wird keine Kompromissbereitschaft signalisiert, sondern will man seitens von SPD und CDU den Anteil der Stadt Worms am KEF zu fast 80 % durch Erlössteigerungen aufbringen, wird die FDP-Fraktion den Maßnahmenkatalog im Stadtrat ablehnen.


28. November 2011

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