Haushaltsrede 2015
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
vorweg gilt unser Dank der Verwaltung für die Aufstellung des doppischen Haushaltes 2015. Besonders informativ war einmal mehr der Vorbericht mit seinen Erklärungen zu den einzelnen Posten.
Kommen wir nun zum Haushalt 2015: In diesem Jahr erreicht der Fehlbetrag im Ergebnishaushalt ein Minus i. H. v. rund 35,2 Mio. Euro. Damit erhöht sich der Jahresfehlbetrag gegenüber dem Vorjahr nochmals um ca. 2 Mio. €. Hieran lässt sich sehr gut ablesen, dass die seitens der Stadtverwaltung im Jahre 2011 ergriffenen Maßnahmen zur Defizitreduzierung weitestgehend verpuffen, da diese ausschließlich eine Erhöhung der Einnahmenseite vorsahen, ausgabeseitig wie von uns Freien Demokraten immer wieder gefordert und auch in Vorschlägen während der damaligen Diskussion eingebracht, aber nichts unternommen wurde.
So sind bspw. gegenüber dem Ist-Ergebnis von 2010, die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von 31,1 Mio. € auf nun 41,2 Mio. € um 10 Mio. € stark gestiegen.
Weiterhin haben wir bei der Einkommensteuer gegenüber 2010 einen Zuwachs von 22,6 Mio. € auf nun 31 Mio. € im vorliegenden Haushaltsentwurf zu verbuchen, macht nochmals ein plus von gut 9 Mio. €. Auch bei der Grundsteuer B, die zum Großteil die Wormser Eigenheimbesitzer beisteuern, sind die Einnahmen mit jetzt 14 Mio. € gegenüber 2010 auf Grund der zweimaligen Erhöhung des Hebesatzes in 2012 und 2015 nochmals um knapp 3 Mio. € höher.
Alleine aus diesen drei Hauptsteuern werden zusätzliche Einnahmen gegenüber dem Ist-Ergebnis 2010 i. H. v. 22 Mio. € generiert. Sehen wir uns jetzt aber die Entwicklung des Fehlbetrages an, so findet eine gleichzeitige Steigerung des Defizits von minus 26,7 Mio. € auf minus 35,2 Mio. € statt.
Unberücksichtigt bleiben bei dieser Betrachtung der Einnahmenseite noch die Erhebung einer Schankerlaubnissteuer, die Erhöhung der Hundesteuer sowie die Anhebung des Hebesatzes bei der Grundsteuer A.
Trotz massiver Steuererhöhungen steigt das Haushaltsdefizit weiter:
- So wurde alleine der Hebesatz bei der Grundsteuer B von 370 % im Jahr 2011 über 406 % in 2012 auf jetzt 440 % angehoben. Dies ist alles andere als sozial gerecht. Stellen doch hauptsächlich die Gruppe der Rentner und Pensionäre das Gros der Eigenheimbesitzer. Deren verfügbares Einkommen ist von vornherein schon begrenzt. Aber auch bei den Mietern dürfte diese Erhöhung eher negative Folgen haben, wird die Erhöhung der Grundsteuer doch letztlich an die Mieter weitergereicht.
- Bei der Grundsteuer A, die einzig und allein einen einzigen Berufsstand nämlich die Landwirtschaft trifft, wurde der Hebesatz von ursprünglich einmal 270 % in 2011 über 305 % im Jahre 2012 auf jetzt 330 % angehoben.
- Auch die Gewerbesteuer hat man seitens der Stadt von Erhöhungen nicht ausgespart. Nachdem diese Steuer zuletzt von 400 % auf 410 % angehoben wurde, fand jetzt eine weitere Erhöhung auf 420 % statt.
In den Augen der Freien Demokraten ist dies wirtschaftspolitischer Irrsinn, gerade in der derzeitigen konjunkturellen Lage. Diese wird sowohl von der Industrie- und Handelskammer als auch von vier führenden Industrieunternehmen – Evonik Industries, Grace GmbH, Renolit SE und Röchling Automotive – genau so gesehen.
Nur noch in Mainz (mit 440 %) wird jetzt in Rheinland-Pfalz ein höherer Hebesatz bei der Gewerbesteuer erhoben. Und die Lage von Trier (Hebesatz 420 %) ist auf Grund der Lage der Stadt in unmittelbarer Nähe zur Finanzmetropole Luxemburg beileibe nicht mit Worms vergleichbar.
Vielmehr müssen vor dem Hintergrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zur Pflege des bestehenden Firmenbestandes in Worms die Gewerbesteuer gesenkt werden. Das wäre ein klares Signal an die ortsansässige Industrie und mittelständischen Unternehmen gewesen, dass wir diese gerne in Worms beheimatet sehen.
Zumindest die finanziellen Rahmenbedingungen müssen stimmen, solange schon die Verkehrsinfrastruktur in und um Worms herum nicht ideal ist. Exemplarisch zu nennen, ist hier die Inangriffnahme der Südumgehung Worms, nachdem mittlerweile seit einem knappen Jahr bereits Baurecht besteht. Wir müssen die Innenstadt vom Schwerlastverkehr entlasten können, ohne die Zulieferer unnötig zu beschränken.
Wie wir unschwer erkennen können – und da spiele ich sehr geehrter Herr Oberbürgermeister gerne dieselbe Leiher der letzten Jahr ab – haben wir in Worms kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem. Darauf hatten wir sowohl in den Beratungen zum Beitritt der Stadt Worms zum Kommunalen Entschuldungsfonds des Landes als auch in den vergangenen Haushaltsberatungen immer wieder hingewiesen. Es ist von rein kosmetischer Wirkung, wenn ich durch das Drehen an der Steuerschraube die Einnahmen erhöhe, ausgabenseitig aber nichts unternehme. Um eine langfristige Defizitreduzierung zu erreichen, muss ich auch an die Ausgaben herangehen.
Der gigantischste Brocken bei den Ausgaben ist einmal mehr der Posten „Aufwendungen der sozialen Sicherung“ mit 77,3 Mio. €. Alleine für die beiden Teilhaushalte 5.03 „Leistungsgewährung Lebensunterhalt und Wohnungswesen“ sowie 5.04 „Leistungsgewährung in besonderen Lebenslagen“ muss der Steuerzahler 35,8 Mio. € hinlegen.
Es ist ja richtig, dass das strukturelle Haushaltsdefizit seine „Ursache auch in der konstanten Unterfinanzierung des Sozialhaushaltes“ hat. Hier ist es aber auch Sache des Landes seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Kommunen nachzukommen.
Insbesondere die Personalaufwendungen dürfen ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Alles in allem beträgt der Posten „Personalaufwendungen“ 52,2 Mio. €.
Auch Personalreduzierungen müssen einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Betriebsbedingte Kündigungen sind politisch nicht gewollt und werden auch von der FDP-Fraktion klar ausgeschlossen. Im Rahmen von späteren Wiederbesetzungen, von Fluktuation und dem Auslaufen von Stellen könnte jedoch ein signifikanter Posten eingespart werden. So sollte anstatt der schon seit 20 Jahren geltenden „Wiederbesetzungssperre von Stellen für 6 Monate“ diese auf wenigstens 9 Monate, wie in der Stadt Ludwigshafen, ausgedehnt werden.
Eine Erhöhung der Wiederbesetzungssperre auf 9 Monate erbrächte ein Einsparpotenzial von 400.000 bis 450.000 €. Die Aussage in der Vorlage, wonach „Forderungen nach Reduzierung des Personalbestandes in krassem Widerspruch zu immer höheren Ansprüchen des Gesetzgebers, der Bürger und der Politik an die Verwaltung stehen“, kann vor dem Hintergrund des technischen Fortschritts – exemplarisch seien hier E-Governement, neue Informations- und Kommunikationstechnologien genannt –leicht zurückgewiesen werden. Viele Arbeitsschritte müssen im Gegensatz zu vor 20 Jahren in einer modernen Verwaltung nicht mehr geleistet werden.
Ein glaubhafter Einstieg in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung kann nur erzielt werden, wenn die Verwaltung bei sich selber anfängt zu sparen. Hier ist Vorbildfunktion gefragt.
Wenn man schon einen Aufbau im Personalbestand der Stadtverwaltung vornimmt, dann sollte dieses besser zur Verbesserung der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in der Unteren Kämmererstraße , der Friedrichstraße sowie der Rheinstraße eingesetzt werden.
Entlastungen beim Personalaufwand könnten zusätzlich über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet durch Zusammenlegung von Ortsverwaltungen erreicht werden. Durch Bündelung des Serviceangebotes und besseres Personalmanagement könnte das Dienstleistungsangebot für die Bürger sogar noch verbessert werden.
Die freiwilligen Leistungen der Stadt bewegen sich laut vorliegendem Haushaltsentwurf auf einem Niveau i. H. v. 14,7 Mio. €, was einer Steigerung von 4 Mio. € gegenüber dem Jahr 2013 bedeutet. Auch hier ist zu überlegen, inwieweit nicht eine Ausgabendrosselung in diesem Bereich insbesondere bei dem Produkt „Öffentlicher Personennahverkehr“ angegangen werden sollte.
Die Defizitabdeckung des Omnibusverkehres i. H. v. 2,842 Mio. € ist zu hoch. Wenn man bedenkt, dass wir über einen Zeitraum von 10 Jahren lediglich einen geringen sechsstelligen Betrag hier als Zuschuss leisten mussten.
Im Hinblick auf die Nibelungenfestspiele muss nach einer Anlaufphase unter dem neuen Intendanten geprüft werden, inwieweit der städtische Zuschuss dann reduziert werden kann. Gerade vor dem Hintergrund der Haushaltslage kann der städtische Zuschuss nicht langfristig in dieser Größenordnung zur Defizitabdeckung festgeschrieben werden.
Meine Damen und Herren, eine wieder verstärkt tickende Zeitbombe für unseren Haushalt stellen die „Zins- und sonstige Finanzaufwendungen“ dar. Immerhin bewegt sich der Zinsaufwand im vorliegenden Haushaltsentwurf bei 11 Mio. € nachdem er vor zwei Jahren noch bei 7 Mio. € lag. Glücklicherweise befinden sich die Zinsen derzeit weiterhinauf einem historischen Tiefststand. Wie lange dies jedoch noch sein wird, kann kein seriöser Volkswirt oder Finanzwissenschaftler voraussagen.
Die sich hier verbergende Gefahr für den Gesamthaushalt wird seitens der Verwaltung durchaus richtig eingeschätzt. Richtig ist es einen großen Teil der Liquiditätskredite über so genannte Overnight-Kredite zu finanzieren. Deren Kurzfristigkeit birgt jedoch auch das entsprechende Risiko eines kurzfristigen Zinsanstiegs. Ein Anstieg des derzeitigen Zinsniveaus um 1 % würde zu einer entsprechenden Mehrbelastung des Zinsaufwandes i. H. v. ungefähr 1,5 Mio. € führen.
Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion wird den vorliegenden Haushaltsentwurf, auch dieses Jahr ablehnen, weil die trotz eines historischen Höchststandes auf der Einnahmenseite (Gewerbesteuer + Einkommensteuer + Grundsteuer A und B) die Nettoneuverschuldung nicht zurückgefahren wird, sondern weiter steigt. Und die FDP-Fraktion vor allen Dingen die exorbitante, erneute Anhebung der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer nach 3 Jahren strikt ablehnt.