Haushaltsrede 2017
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
vorweg gilt unser Dank der Verwaltung für die Aufstellung des doppischen Haushaltes 2017.
Auch im kommenden Jahr weist der Ergebnishaushalt einen kalkulierten Fehlbetrag i. H. v. rund minus 31,6 Mio. Euro. Dieser ist wie in den vergangenen Jahren auch hauptsächlich den exorbitant gestiegenen Ausgaben i. H. v. nunmehr 266 Mio. € geschuldet. Dies entspricht einer nochmaligen Steigerung gegenüber dem Vorjahr von + 13 Mio. €. Gleichzeitig kann sich der Stadtkämmerer über neue Rekordeinnahmen i. H. v. fast 235 Mio. € freuen. Diese Erträge hätten im Haushaltsjahr 2014 gegenüber den dortigen Ausgaben einen Haushaltsüberschuss von gut 12 Mio. € bedeutet.
So sind bspw. gegenüber dem Ist-Ergebnis von 2014, die Einnahmen aus der Gewerbesteuer von 40 Mio. € auf nunmehr 50 Mio. € im Ansatz für das Haushaltsjahr 2017 um 25 Prozent gestiegen.
Weiterhin haben wir bei der Einkommensteuer gegenüber 2014 einen Zuwachs von gut 3 Mio. € auf nunmehr 32,4 Mio. € im vorliegenden Haushaltsentwurf zu verbuchen.
Auch bei der Grundsteuer B, die zum Großteil die Wormser Eigenheimbesitzer beisteuern, sind die Einnahmen mit jetzt 14,268 Mio. € gegenüber 2014 auf Grund der nochmaligen Erhöhung des Hebesatzes in 2015 ebenfalls um 1,5 Mio. € höher.
Stark angestiegen ist im Referenzzeitraum auch der Anteil der Stadt Worms an der Umsatzsteuer. Betrugen diese Einnahmen im Jahr 2014 noch 3,9 Mio. €, so sind sie auf nunmehr 5,9 Mio. € exorbitant gestiegen.
Alleine aus diesen vier Hauptsteuern werden zusätzliche Einnahmen gegenüber dem Ist-Ergebnis 2014 i. H. v. 16,5 Mio. € generiert. Gleichzeitig konnte jedoch der bestehende Fehlbetrag im Ergebnishaushalt leider nicht reduziert werden. Betrug das Defizit 2014 lediglich minus 20 Mio. €, so sind es in diesem Haushaltsansatz sogar noch gut 11,5 Mio. € mehr.
Unberücksichtigt bleiben bei dieser Betrachtung der Einnahmenseite noch die Erhebung einer Schankerlaubnissteuer, die Erhöhung der Hundesteuer sowie die Einnahmenzuwächse aus der Anhebung des Hebesatzes bei der Grundsteuer A.
Aus diesem Grunde lehnt die FDP-Fraktion auch jede weitere Steuererhöhung bzw. Schaffung einer neuen Steuer entschieden ab!
Denn wie aus dem vorliegenden Haushaltsentwurf deutlich wird, haben wir in Worms einmal mehr kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem.
Trotz massiver Steuererhöhungen haben wir weiterhin einen extrem hohen Fehlbetrag, dessen Ursachen im sehr ausführlichen Vorbericht auch richtig benannt werden. Wir haben eine Unterdeckung im Sozialetat i. H. v. 66,3 Mio. bei gleichzeitig zu geringen Erstattungen des Landes beim Kommunalen Finanzausgleich sowie Verstößen von Bund und Land gegen das Konnexitätsprinzip.
Gleichzeitig wurde an der Steuerschraube in den letzten Jahren erheblich gedreht.
- So wurde alleine der Hebesatz bei der Grundsteuer B von 370 % im Jahr 2011 auf jetzt 440 % angehoben. Damit liegt Worms unter allen Städten mit über 50.000 Einwohnern nach Mainz, Kaiserslautern und Neustadt/Weinstraße an 4. Stelle in Rheinland-Pfalz. Vor allen Dingen junge Familien, Rentner und Pensionäre stellen den Großteil der Eigenheimbesitzer. Deren verfügbares Einkommen ist von vornherein schon begrenzt. Aber auch bei den Mietern dürfte diese Erhöhung eher negative Folgen haben, wird die Erhöhung der Grundsteuer doch letztlich an die Mieter weitergereicht.
- Bei der Grundsteuer A, die für landwirtschaftliche Grundstücke und Rebflächen zu entrichten ist, wurde der Hebesatz von ursprünglich einmal 270 % in 2011 auf jetzt 330 % angehoben. Auch hier nimmt Worms nach Trier und Koblenz den 3. Rang unter allen Städten mit über 50.000 Einwohnern in Rheinland-Pfalz ein.
- Auch die Gewerbesteuer wurde seitens der Stadt von Erhöhungen nicht ausgespart. Nachdem diese Steuer zuletzt von 400 % auf 410 % in 2012 angehoben wurde, fand 2015 eine weitere Erhöhung auf 420 % statt. Unter 23 ausgewählten Städten in Rheinland-Pfalz nimmt auch hier Worms einen Spitzenplatz ein (Platz 2 nach Mainz).
Neben einer guten verkehrlichen Erschließung, dem Angebot an qualifizierten Arbeitskräften ist auch die Höhe der Gewerbesteuer ein entscheidender Faktor für die Ansiedlung von Unternehmen bzw. die Pflege des bestehenden Bestandes.
Zumindest die finanziellen Rahmenbedingungen müssen stimmen, solange schon die Verkehrsinfrastruktur in und um Worms herum nicht ideal ist. Aus diesem Grunde spricht sich die FDP-Fraktion auch uneingeschränkt für die Realisierung des „Äußeren Rings“ aus.
Glücklicherweise geht der in diesem Jahr begonnene Beginn der Südumgehung Worms zügig voran – wenn jetzt noch ausreichend Leitplanken zur Verfügung ständen, wäre die vollständige Inbetriebnahme des Autobahnzubringers schon in Kürze erfolgt.
Gerade weil mit der vollendeten Südumgehung Worms 2021/22 in etwa 85 Prozent des Äußeren Rings geschlossen sind, wäre es in der Tat „verkehrspolitischer Unsinn“ auf die Verlängerung der Krankenhaustangente bis zur B 47 neu zu verzichten. Wir brauchen die vollständige Umfahrung des Stadtkerns, um die Innenstadt, Neuhausen, Hochheim, den Wormser Westen vom Schwerlastverkehr sowie vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Deshalb begrüßen wir den im Teilfinanzplan B (Investitionen) enthaltenen Ansatz für Planungen i. H. v. 150.000 €.
Daneben bekennen wir uns klar zum Neubau der ELO-Turnhalle am bestehenden Standort. Hier muss der Stadtratsbeschluss vom Dezember 2010 endlich umgesetzt werden.
Wichtig ist es die zur Verfügung stehenden Finanzmittel strategisch so einzusetzen, dass die Stadt zukunftsfähig aufgestellt wird. Dies ist bei Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und in Schulen der Fall. Gleichzeitig laufen uns aber einfach die Kosten davon. Um eine langfristige Defizitreduzierung zu erreichen, muss ich auch an die Ausgaben herangehen.
Ob es vor diesem Hintergrund sinnvoll ist, den städtischen Haushalt gleich mit 43 zusätzlichen Stellen im Bereich Personal zu belasten, wird unsererseits massiv in Frage gestellt.
Neben den drei Scan-Kräften, deren Tätigkeit fast jeder in der Stadtverwaltung Beschäftigte oder Beamte in Arbeitstälern ausführen kann, wird unsererseits auch das Ausmaß der Stellenausdehnung kritisch beleuchtet, wenn gleich jede einzelne Stelle im Bereich der Kindertagesstätten sinnvoll erscheint.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage erscheint uns der Stellenplan als zu üppig und wir deshalb seitens der FDP-Fraktion abgelehnt.
Seitens der Verwaltung wird selber der Personalhaushalt als ein großer Risikofaktor für den städtischen Haushalt definiert. So wird immer wieder auf die hohen Tariferhöhungen bzw. die Gefahr weiter steigender Tarifabschlüsse hingewiesen
Stellenneuschaffungen sehen wir generell kritisch. Insgesamt betragen die Kosten für Personalaufwendungen und Versorgungsaufwendungen im kommenden Jahr rd. 61 Mio. €. Dies sind alleine hier 3 Mio. € an Mehrausgaben als 2016.
Nachdem heute wohl durch die CDU-Enthaltung doch noch der vorliegende Stellenplan beschlossen wird, fordert die FDP-Fraktion, die in den nächsten fünf Jahren frei werdenden Stellen auf eine Wiederbesetzungsnotwendigkeit hin genau zu überprüfen und im Falle einer Wiederbesetzung eine Wiederbesetzungssperre von 9 Monaten.
Ein glaubhafter Einstieg in die Reduzierung der Nettoneuverschuldung kann nur erzielt werden, wenn die Verwaltung bei sich selber anfängt zu sparen. Hier ist Vorbildfunktion gefragt.
Der gigantischste Brocken bei den Ausgaben ist einmal mehr der Posten „Aufwendungen der sozialen Sicherung“ mit 91,3 Mio. €. Alleine für die beiden Teilhaushalte 5.03 „Leistungen Lebensunterhalt und Wohnungswesen“ sowie 5.04 „Leistungsgewährung in besonderen Lebenslagen“ werden 43 Mio. € verausgabt.
Es ist ja richtig, dass das strukturelle Haushaltsdefizit seine „Ursache in der konstanten Unterfinanzierung des Sozialhaushaltes“ hat. Hier ist es nach wie vor auch Sache des Landes seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Kommunen nachzukommen und die vom Bund zur Verfügung gestellten Finanzmittel auch 1:1 weiterzuleiten. Aber auch der Bund ist gefordert, die von ihm auferlegten Leistungsverpflichtungen im Sozialbereich sowie der Flüchtlingsbetreuung zu 100 % zu finanzieren. Hier gilt für uns Freie Demokraten: „Wer bestellt, der bezahlt!“
Meine Damen und Herren, die freiwilligen Leistungen der Stadt bewegen sich laut vorliegendem Haushaltsentwurf auf einem Niveau i. H. v. 23,3 Mio. € (sofern man die Ausgaben für die Ortsbeiräte und Ortsvorsteher wie in der Vorlage mit einbezieht), was einer nochmaligen Steigerung gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Hier hatte die FDP-Fraktion mit ihrem Antrag zur Schließung des Nibelungenmuseums einen Beitrag zur Reduzierung des Defizites leisten wollen. Immerhin 665.000 € verschlingt das Niegelungenmuseum Jahr für Jahr auf’s Neue. Für uns erschließt sich durch die künstlerische Ausgestaltung des Museums so wie sie ist auch kein Mehrwert für die Nibelungenfestspiele und das Nibelungenthema insgesamt.
Klar für uns Liberale ist, dass eine Stadt mit einem solchen Defizit im Ergebnishaushalt sich auf Dauer keine drei Museen leisten kann.
Meine Damen und Herren, Worms liegt nicht am Rhein, sondern eigentlich an der B 9. Dies wollen auch wir ändern. Wir sollten unvoreingenommen eine Bebauung des Rheinufers nach Speyerer Vorbild prüfen.
Meine Damen und Herren, eine wieder verstärkt tickende Zeitbombe für unseren Haushalt, zumindest nach der erneuten Leitzinserhöhung der Federal Reserve auf nunmehr 0,5 %, stellen die „Zins- und sonstige Finanzaufwendungen“ dar. Immerhin bewegt sich der Zinsaufwand im vorliegenden Haushaltsentwurf lediglich 8,8 Mio. €. Glücklicherweise befinden sich die Zinsen derzeit noch im Keller. Wie lange dies jedoch noch sein wird, kann niemand vorhersagen. Langfristig ist bei wachsender US-Konjunktur auch im Euro-Raum mit leicht ansteigenden Zinsen wieder zu rechnen.
Die Schwierigkeiten bei der Planung des Zinsaufwandes werden seitens der Verwaltung durchaus richtig eingeschätzt.
Meine Damen und Herren, da seitens der Verwaltung keinerlei Sparwillen gezeigt wird, zu nennen sind hier insbesondere der Stellenplan sowie das Festhalten am Nibelungenmuseum als drittem Museum in Worms, werden die Freien Demokraten auch den Haushaltsentwurf 2017 ablehnen.