Positionspapier zum Parkraumbewirtschaftungskonzept und zur Parkgebührenerhöhung
Die FDP-Fraktion lehnt die exorbitante Erhöhung der Parkgebühren ab, da diese sowohl den innerstädtischen Einzelhandel massiv schädigen wird als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt als reines Instrument der zusätzlichen Abkassiererei wahrgenommen wird.
Folgende Punkte sind aus Sicht der FDP-Fraktion in Hinblick auf die o. a. Problematik beachtenswert:
1. Wirtschaftsfaktor Innenstadt
Eine lebenswerte Innenstadt hängt direkt mit einem prosperierenden Einzelhandel zusammen. Dieser kann aber nur prosperieren, wenn auch Kunden den Weg zu diesem finden. Hierbei stellen günstige und vor allem leicht erreichbare Parkplätze einen entscheidenden Standortfaktor im Wettbewerb der Städte dar. Dem steigenden Kostendruck bei den Parkgebühren in der City entgehen die Kunden, in dem sie die Geschäfte mit kostenfreien Parkplätzen in den Gewerbegebieten am Stadtrand ansteuern. Dies wird im Stadtgebiet von Worms eindrücklich durch die vollen Parkplätze im Wormser Einkaufspark (WEP), im Fachmarktgelände ehemals Opel Busch sowie im Gewerbegebiet „Am Gallborn“ im Wormser Norden demonstriert.
Hierdurch findet eine Umlenkung der Kaufkraft aus der Innenstadt in die Randbezirke statt, was aus Gründen der Innenstadtentwicklung von uns Liberalen abgelehnt wird und eigentlich auch nicht im Sinne der Stadt Worms im Hinblick auf eine lebenswerte Innenstadt sein kann.
Denn die Wormser Innenstadt leidet wie viele ähnlich große Städte besonders unter den Folgen des Wandels im Handel. Die Konkurrenz auf der grünen Wiese und die zentrumsnahen Fachmarktzentren setzten der gewachsenen Innenstadt hart zu. Diese Fehlentwicklungen wurden trotz warnender Stimmen zugelassen. Diese Fehler sind nun gemacht und nicht so schnell zu heilen. Auch der moderne Internethandel wächst stetig und trägt sein Übriges zum Sterben der innerstädtischen Einzelhändler bei. In dieser schwierigen Entwicklung unserer Stadt darf die Verwaltung der Situation keine weitere Belastung aufbürden.
Mit einer weiteren Erhöhung der Parkgebühren werden nicht die Autofahrer in die Parkhäuser getrieben, sondern die letzten Kunden aus der Wormser Innenstadt. Die Verwaltung sollte den innerstädtischen Einzelhandel in dieser schwierigen Zeit nicht schädigen sondern stützen. Der Zenith der Megastores und Megacenter ist erreicht. Es wird eine Renaissance der Innenstädte mit kleinen inhabergeführten Läden geben. Doch bis dahin dürfen wir unsere Einkaufs-Stadt mit Charme nicht sterben lassen.
2. Nachfrage nach bezahlbarem Parkraum in der Innenstadt nach wie vor gegeben
Dass die Kunden leicht erreichbaren Parkraum nachfragen, wurde auch durch die Erhebung am 20. Juni 2012 bestätigt. So gibt es während der Ladenöffnungszeiten eine höhere Nachfrage nach Parkplätzen als nach Geschäftsschluss. Die seitens der Verwaltung hieraus gezogene falsche Schlussfolgerung ist eine drastische Gebührenerhöhung. Hierdurch werden die Bürger und Kunden des Einzelhandels gerade zu aus der Innenstadt vertrieben (siehe Nachfrage nach Gratisparkraum im WEP etc.). Eine nicht gewollte Entwicklung einer sterbenden Innenstadt würde hierdurch noch verstärkt werden.
Falsch war aber auch, die Vernichtung von öffentlichen Parkraum in den letzten Jahren, ohne dass hierfür Ersatz geschaffen wurde. Zu nennen sind hier der komplette Wegfall an Parkraum am Marktplatz oder am Kriegerdenkmal. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass als Wegfall für das Parken auf dem Marktplatz von der damaligen Bau- und Verkehrsdezernentin Wopperer Ersatz durch mehr als 100 Parkplätze um den Wochenmarkt versprochen wurde.
Hier ist die Frage berechtigt: Wo sind sie geblieben?
3. Weitere Belastungen der Bürgerinnen und Bürger stoppen
Schon der Beitrag der Stadt Worms zur Teilnahmen am Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) des Landes war geprägt durch eine sehr einnahmeseitige Ausrichtung (Erhöhung der Gewerbesteuer, Erhöhung der Grundsteuer A und B, Erhöhung der Hundesteuer, Erhebung einer Schankerlaubnisteuer, Erhöhung der Gebühren in der Stadtbibliothek etc. pp.).
Im Hinblick auf immer neue Gebühren- und Abgabenerhöhungen und deren anscheinend sachlich sinnvoller Begründung („Parkraumbewirtschaftungskonzept“) kennt die Phantasie der seit Jahrzehnten sozialdemokratisch geprägten Verwaltung unserer Stadt wohl keine Grenzen. In diesem Zusammenhang sei nochmals daran erinnert, welche irrwitzigen Steuern die Stadtverwaltung im Zuge der Teilnahme der Stadt am KEF in ersten Entwürfen den Bürgern noch aufbürden wollte: Pferdesteuer, Sexsteuer, Bettensteuer (getarnt als „Kulturförderabgabe“).
Die FDP-Stadtratsfraktion setzt sich hier für eine klare Begrenzung der Belastungen der Wirtschaft und des Bürgers auf kommunaler Ebene ein. Deshalb sagen wir „Nein“ zu dieser weit überdurchschnittlichen Abgabenerhöhung. Was fast stillschweigend in diesem Zusammenhang erfolgt, ist die Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung samstags von 8.00 bis 14.00 auf 8.00 bis 19.00 Uhr. Anscheinend sollen wirklich auch die letzten Einkaufswilligen aus der City fern gehalten werden.
Wenn die Wormser Parkhäuser nicht kostendeckend sind, sollten sie konsequent geschlossen werden. Allen voran das hochdefizitäre und marode Parkhaus Friedrichstraße. Das Geld muss zur Stützung des innerstädtischen Handels eingesetzt werden. Alle bisherigen Programme und Studien zur Stärkung der Innenstadt haben wenig Früchte getragen. Der Kostenvergleich mit höheren Parkgebühren in attraktiven Großstädten im Rhein-Main bzw. Rhein-Neckar-Gebiet ist auch irreführend. Die beabsichtigten Subventionen in den Erhalt von engen und altmodischen Parkhäusern sind nicht zum Wohle der Wormser Einkaufskunden. Der einfache Verzicht auf höhere Einnahmen in der Parkraumbewirtschaftung dient den Händlern und somit der Wormser Innenstadt mehr.
4. Gegen den Gouvernanten- und Nannystaat
Daneben lehnen wir aus unserem liberalen Lebensgefühl heraus das vorliegende Parkraumbewirtschaftungskonzept ab. Nach dem Motto „wenn die Bürger nicht so spuren wie wir wollen, dann müssen wir sie eben erziehen“, soll gleichzeitig der „Fahndungsdruck“ auf unwillige Bürger erhöht werden. Wörtlich steht in dem Papier:
Der Erfolg der Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen ist wesentlich abhängig von der Regelbefolgung durch die Kraftfahrer. Zur Gewährleistung der notwendigen Effizienz ist eine flächendeckende Parkraumüberwachung notwendig. (…) Demnach wären für eine flächendeckende wirksame Parkraumüberwachung rd. 19 Vollzeitbeschäftigte erforderlich.
Nichts spricht gegen das Ahnden von Falschparkern, aber Begriffe wie „flächendeckende Parkraumüberwachung“ signalisieren schon, wohin die Reise in Worms zukünftig gehen soll. Von 5 auf 19 Kontrollkräfte soll hier der Personalsockel angehoben werden. Dies wäre eine zusätzliche Belastung des städtischen Haushaltes im weit sechsstelligen Bereich. Dass auch die Verwaltung einen Beitrag zum Kommunalen Entschuldungsfonds aufzubringen hat, ist wohl in Worms noch nicht angekommen.
Wenn man schon einen Aufbau im Personal vornimmt, dann sollte dieses besser zur Verbesserung der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden. Keine Woche vergeht in Worms ohne mindestens zwei Meldungen zu Gewalt- und Raubdelikten in der Innenstadt.
Die Verwaltung verkennt die Situation der tatsächlich gelebten Mobilität der Wormser Bürger (und derjenigen aus dem Umland) und will die Wormser ökologisch korrekt umerziehen. Wer nicht mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad seine Einkäufe in der Innenstadt erledigt, der soll zahlen und zwar kräftig. Dabei wird völlig außer acht gelassen, dass es für eine Mutter mit zwei Kindern völlig unmöglich ist, beispielsweise per Fahrrad oder Omnibus mit eben diesen ihren Kindern, Einkäufe von ausreichend Babywindeln, Babynahrung und anderen Hygieneartikeln zu tätigen. Auch in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen sowie ältere Menschen sind das Opfer dieser mobilitätsfeindlichen Innenstadtpolitik.
Die Abstimmung von dem was die Verbraucher und Bürger unserer Stadt sowie der angrenzenden Region wollen, kann man am besten an den vollen Parkplätzen der Fachmarktzentren am Stadtrand ablesen. Sie wollen kostenfreie Parkplätze für ihre umfassenden Einkäufe. Denn nur mit dem Auto lassen sich größere Einkaufsmengen problemlos transportieren. Das ist es, was die Menschen als freie Bürger haben wollen.
5. Mangelnde Glaubwürdigkeit von SPD und CDU in der Parkgebührenfrage
In einem Änderungsantrag zu einem Antrag der FDP-Fraktion, der eine Parkgebührenbefreiung für die erste halbe Stunde vorsah, forderten die beiden den Stadtvorstand stellenden Fraktionen SPD und CDU am 28. Oktober 2009, dass „der Einzelhandel und die Innenstadtgastronomie durch eine höhere ‚Verweildauer’ in der Innenstadt gestärkt werden“ sollen. „Darüber hinaus sollen die besucherschwachen Wochentage und Tageszeiten belebt werden.“
Weiterhin sollten folgende Maßnahmen in den Wormser Parkhäusern eingeleitet werden:
- Einführung eines ‚Shopping-Ticket – drei Stunden Parken, zwei bezahlen!’ (in der Parkzeit von Montag – Freitag, von ca. 9-19 Uhr)
- Einführung eines ‚Feierabend-Ticket’ (ab 17 Uhr bis ggf. 24 Uhr zum Pauschalpreis, bspw. 2 Euro)
- Aktive Bewerbung des Parkhauses westl. des Bahnhofes mit einem Sondertarif von bspw. 50 ct/Stunde …“
Nichts davon wurde nachhaltig umgesetzt. Wie heißt es so schön: „An ihren Taten sollt Ihr sie messen!“ Stattdessen werden jetzt die Parkgebühren um 50 % je Zeiteinheit erhöht.
6. Liberales Innenstadtkonzept
Der städtischen Abkassiererei der Autofahrer, des Handels sowie der Bürgerinnen und Bürger stellt die FDP-Fraktion eine angebotsorientierte Politik zur Förderung der innerstädtischen Wirtschaft entgegen.
Parkplätze: Gut ist es, wenn auf 49 Einwohner ein Stellplatz in fußläufiger Entfernung (200 Meter) zu den Haupteinkaufsbereichen unserer Innenstadt kommt. Kritisch wird es, wenn das Verhältnis schlechter als 1:70 ist.
Parkgebühren: Höhe und Dauer kostenloser Parkzeit sind Kriterien, die die Häufigkeit und Dauer eines City-Bummels beeinflussen. Empfohlen wird kostenfreies Parken für mindestens eine Stunde und für eine durchschnittliche Verweildauer von ca. 3 Stunden nicht mehr als 3 Euro.
Grüne Wiese: Die Verkaufsfläche auf der „grünen Wiese“ sollte die Handelsflächen in der Innenstadt nicht um mehr als 40 Prozent übersteigen.
6. Juni 2013