Worms: Brüderle kann immer noch Zuhörer fesseln
WORMS – Die „Marke Brüderle“ zieht offenbar, freute sich FDP-Kreisvorsitzender Dr. Jürgen Neureuther bei der Begrüßung im proppenvollen Nebenzimmer im Poseidon-Klubheim, wo die Liberalen ihr Herbstfest feierten. Der Ort sei bewusst gewählt, sagte der Lokalpolitiker, sei doch die FDP bei der Bundestagswahl eben wie Poseidon wieder aufgetaucht und erstarkt, was es nun für den anstehenden Kommunalwahlkampf zu bewahren gelte.
FDP will drittstärkste Kraft in Worms werden
Man strebe an, so Neureuther weiter, die drittstärkste Kraft in Worms zu werden. Mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen in Berlin zeigte er sich skeptisch, die FDP dürfe jedenfalls ihre klare Haltung zur Flüchtlingspolitik nicht aufgeben.
„Star“ des Abends war zweifelsohne der ehemalige Bundes- und Landeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Brüderle zeigte sich begeistert von der Stadt Worms, die ein Schwerpunkt der liberalen Landespolitik sei. Worms sei prädestiniert für eine noch bessere Wirtschaftssituation, habe aber das Problem, dass es eben immer zwischen „Mainz und Ludwigshafen eingeklemmt sei“ und man auch in vielen Punkten Frankenthal mehr Beachtung schenke als Worms.
Für Deutschland sei es an der Zeit, sich zu verändern, forderte der amtierende Präsident des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbundes. Deutschland gehe es zwar aktuell gut, jedoch lebe man von der Substanz und hinke in der Produktivität und bei Innovationen hinterher. Deutschland müsse für Europa ein Weichensteller sein. Schlüssel für den deutschen Erfolg sei die Soziale Marktwirtschaft, der Fleiß der Menschen und die Innovationskraft gewesen. Dies müsse nun wiederhergestellt werden. Brüderle forderte eine Abkehr von der Null-Zins-Politik, denn auch beim Geld müsse das Prinzip von Angebot und Nachfrage gelten. Derzeit sei der Preis für Geld außer Kraft, ein „Zins muss wieder ein Zins“ sein, forderte der Liberale. Firmen forderte er zu mehr Investitionen und Innovationen auf. Er bemängelte auch, dass es in vielen Fällen nur noch wenige Anbieter gebe, die den Preis diktierten.
Es könne, so Brüderle, nicht sein, dass Lebensversicherungen nichts mehr wert seien. Entsprechend prangerte er die Flucht ins „Betongold“ an. Mondpreise für Immobilien dürften nicht dafür sorgen, dass sich Familien kein Eigenheim mehr leisten könnten.
Fachkräfte motivieren, länger zu arbeiten
Investitionen in Bildung, Forschung und Wissenschaft seien genauso nötig wie in die Infrastruktur. Statt die Rente mit 63 zu propagieren, müsse man Fachkräfte dazu motivieren, deutlich länger zu arbeiten, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Der Staat, so Brüderle, müsse künftig nur noch einen Rahmen setzen, den Rest müsse der Markt selbst regeln. Die Politik solle sich das Ergebnis der Bundestagswahl zu Herzen nehmen, nämlich als Signal, dass Unzufriedenheit herrsche und sich etwas ändern müsse. Man dürfte keine „Wackelpolitik“ betreiben.
Über die aktuelle Situation der Landespolitik berichtete Marco Weber, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. Er forderten dazu auf, nicht über andere Parteien oder Positionen zu reden, sondern Sachthemen in den Mittelpunkt zu stellen. Weber verteidigte die anstehende Erhöhung der Abgeordneten-Diäten, was bei der anschließenden Diskussion nicht ohne Widerspruch blieb.
Quelle: Wormser Zeitung
24. Oktober 2017